Modern Monetary Theory (Moderne Geldtheorie)

Modern Monetary Theory

Liebe Leserinnen und Leser,

die klassische Geldtheorie kann nicht erklären, weshalb trotz einer signifikanten Ausweitung der Zentralbankbilanzen keine Inflation entsteht. Man hängt immer noch dem Gedanken nach, dass die Veränderung der Geldmenge, die über das Wirtschaftswachstum hinausgeht, längerfristig in etwa der Inflationsrate entspricht.  So weit die klassische Geldtheorie. Dieser Theorie stehen jedoch die Tatsachen der letzten zehn Jahre gegenüber: 

  • Die Bilanzen der Zentralbanken der westlichen Welt sind seit der Finanzkrise von   2008 förmlich explodiert.
  • Die Budgetdefizite und die staatliche Verschuldung sind in fast allen Ländern dramatisch gestiegen.
  • Global befinden sich die Zinsen auf einem historisch beispiellosen Tiefststand, sie haben ihre Rolle als Risikoindikator und damit Steuerinstrument für eine vernünftige Mittelallokation weitgehend verloren.
  • Trotz dieser vermeintlich exorbitanten monetären und fiskalischen Exzesse sind weder in den USA noch in Europa, der Schweiz oder Japan Anzeichen hoher Inflation und damit steigender Nominalzinsen auszumachen.

 

Das alles ebnet natürlich den Boden für eine Theorie, die zu verlockend klingt, um wahr zu sein. In einem solchen Erklärungsnotstand machen sich Heilslehren wie die „Modern Monetary Theory“ immer gut.

Der andere Blick auf Geld, denn am Thema „Modern Monetary Theory“ kommt man derzeit kaum vorbei. Das Interesse ist groß und seit dem Jahreswechsel geradezu explodiert, wie man Statistiken von Suchmaschinen entnehmen kann. Wir wollen dabei helfen, Ihnen einen kleinen Überblick zu verschaffen über grundsätzliche Bereiche der „Modern Monetary Theory (MMT).

Wovon sprechen wir überhaupt? Kurz zusammengefasst besagt MMT:  Ein Land, das seine eigene Währung hat, kann ganz einfach Geld drucken, wenn es darum geht, seine Schulden zu bezahlen. Die Zentralbank muss einzig dafür sorgen, dass die Zinsen tiefer bleiben als die Wachstumsrate des BIP. Diese Denkschule propagiert eine freigiebige Ausgabenpolitik. Steuern sind ein Mittel, die Inflation in Schach zu halten. Die Theorie geht davon aus, dass Staaten mit eigener Währung immer auf die Notenpresse zurückgreifen können, um Kredite zu bedienen. Gegner halten das für gefährlich, da dadurch Hyperinflation und wirtschaftlichem Niedergang Tür und Tor geöffnet würden.

 

Der Grundgedanke der „Modernen Geldtheorie“:

MMT ist eine mit rund 25 Jahren recht junge Theorie. Im Zentrum steht die staatliche Theorie des Geldes, die Georg Friedrich Knapp vor 100 Jahren entwickelte. Demnach gibt der Staat Geld heraus und bestreitet damit seine Ausgaben. Steuern werden im Rahmen von MMT nicht als Finanzierungsinstrument des Staates betrachtet. Vielmehr dienen sie dazu, die Inflation zu begrenzen, indem ein Teil des Geldes wieder eingesammelt wird, daneben auch als Instrument der Umverteilung. Auch Staatsanleihen dienen nicht der Finanzierung, sondern dazu, den Zins zu steuern und zu verhindern, dass dieser auf Null fällt. Denn durch Ausgabe von Anleihen tauscht die Regierung einen Teil des ausgegebenen, zinslosen Geldes gegen verzinste Anleihen.

Die heutigen Zentralbanken (FED, EZB, BoJ):

Ist es nicht so, dass sich die Notenbanken bei Bedarf immer als Finanzierer des Staats betätigten? Die formale Unabhängigkeit der Notenbanken von den Regierungen dient aus Sicht der MMT-Verfechter nur der Verschleierung dieses Zusammenhangs. Das dürfte auch ein wichtiger Grund dafür sein, dass MMT unter Mainstream-Ökonomen und Notenbanken schlecht ankommt. Denn dort betont man sehr die Bedeutung der Unabhängigkeit vom Staat. Die EZB mache Geldpolitik für 19 Länder mit unabhängigen Finanzpolitiken. Zumindest für die Währungsunion scheinen deshalb die von MMT unterstellten Zusammenhänge nicht zu gelten, so EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Cœuré. 

Heute funktioniert das so: Die Notenbank stellt den Banken durch einfachen Computereintrag Geld in Form von Notenbankguthaben zur Verfügung. Die Banken kaufen damit Staatsanleihen und stellen es so ihrerseits wieder dem Staat zur Verfügung. Wenn die Notenbanken, wie sie das in den letzten Jahren in großem Umfang getan haben, selbst Staatsanleihen kaufen, betätigen sie sich sogar fast direkt als Staatsfinanzierer; nur mit dem kleinen Umweg, dass sie die Anleihen den Banken abkaufen, nicht gleich dem Staat.

Mit „Modern Monetary Theory“ zu Hyperinflation?

Kritiker der modernen Geldtheorie, zu denen auch der linksliberale Ökonom und Nobelpreisträger Paul Krugman gehört, warnen davor, dass unbegrenztes Gelddrucken zu Hyperinflation und der Zerstörung der Währung führt. Sie verweisen auf warnende Beispiele wie Deutschland zu Beginn der 1920er Jahre oder aktuell die Länder Simbabwe und Venezuela, bei denen Hyperinflation in den wirtschaftlichen Ruin geführt hat. MMT gesteht zwar zu, dass Haushaltsausgaben zu Preisdruck führen können, wenn die nominale Nachfrage die Produktionskapazitäten der Wirtschaft kontinuierlich übersteigt. Es fehlt allerdings ein Anhaltspunkt, ab wann Inflation wirtschaftlich problematisch würde. Auch wird ignoriert, dass eine Regierung bei steigender Inflation harte Entscheidungen bei Steuererhöhungen und Ausgabensenkungen getroffen werden müssten, da ansonsten Verteilkämpfe vorprogrammiert wären. Es erscheint sehr unrealistisch, dass eine Fiskalbehörde den Geldfluss rechtzeitig und ohne politischen Druck regulieren kann und wird.

 „Modern Monetary Theory“  und Gold    -   Risiken und Nebenwirkungen

Inflation? Völlig ausgeschlossen! Zumindest aus Sicht jener Wissenschaftler, die sich der „Modern Monetary Theory“ verschrieben haben. Eine alternde Gesellschaft in den Industriestaaten, die weit weniger konsumfreudig ist als jüngere Generationen, dazu die Globalisierung und Digitalisierung der Wirtschaft drücken naturgemäß auf die Preise. Der Theorie zufolge kann dies zwangsläufig nur (vorerst) deflationäre Tendenzen erzeugen. Nach Meinung vieler Experten könnte das viele Geld über kurz oder lang den Weg in die Wirtschaft finden und somit die Inflation anheizen. Das frische Geld könnte dann auch die Konsumnachfrage stärken. Ob das Angebot so ausgeweitet werden kann, dass die Inflation nicht bedrohlich anzieht, ist aber fraglich. Sollte es dazu kommen, dürften sich die Zentralbanken wahrscheinlich als zahnlose Papiertiger erweisen. Theoretisch ließe sich eine erhöhte Geldmenge ganz einfach mithilfe steigender Zinsen vermindern. Nur steht die Welt dieses Mal vor dem Problem, dass die Schuldenstände von Staaten, Unternehmen und Privathaushalten inzwischen derart bedrohliche Ausmaße angenommen haben, dass eine Rückkehr zu einer Zinsnormalität gleichbedeutend mit einer massiven Welle an Zahlungsausfällen wäre.

Notenbanken weltweit verneinen, dass sie Staatsschulden monetarisieren. Zudem vermitteln sie wiederholt die Illusion, die Geldpolitik jederzeit anpassen und ihre Bilanzsumme reduzieren zu können. Leider ist die US-Notenbank (FED) mit diesem Versuch im Jahr 2018 grandios gescheitert. Das Gegenteil ist mittlerweile zu beobachten: Die Druckerpressen laufen als Reaktion auf die Corona-Pandemie noch schneller und die Geldmengen steigen rasant. Neben Staatsanleihen und Unternehmensanleihen finden nun auch Ramschanleihen (High Yield) einen Platz in der Bilanz der FED. Die Europäische Zentralbank (EZB) und andere Notenbanken werden diesem Beispiel bald folgen. Für Anleger bedeutet dies, dass Gold in einer Vermögensstruktur weiter an Wichtigkeit gewinnen wird. Das gelbe Metall war historisch ein geeignetes Instrument zum Werterhalt, besonders in Zeiten extremer Geld- und Fiskalpolitik. Man mag zu der ultralockeren Geldpolitik stehen wie man will, aber es erscheint uns mehr denn je ratsam, Edelmetalle (Gold und Silber) in der Kapitalanlage stärker zu berücksichtigen.

Wie eine neue monetäre Weltordnung genau aussehen wird, ist also aus heutiger Sicht noch nicht absehbar. Dass es zu gravierenden Änderungen kommen wird, steht jedoch fest. Aufgrund der Entwicklungen im Zuge der Covid-19-Krise sind wir einem solchen monetären Endspiel einen weiteren Schritt nähergekommen. Wir sind davon überzeugt, dass Gold in der neuen monetären Weltordnung eine „bedeutendere“ Rolle spielen wird als heute. Die Verschmelzung von Geld- und Fiskalpolitik und das Einlenken im Sinne der „Modern Monetary Theory“ könnten zu einem Anstieg der langfristigen Inflationserwartungen führen, die sich in einem höheren Goldpreis und der Abwertung des Dollars, nicht aber in den Kursen von US-Staatsanleihen oder in der Zinskurve widerspiegeln.

 

 

Viel Erfolg bei Ihren Aktivitäten und bleiben Sie gesund.

 

Ihr Goldinvest.at Team

 

Eintrag vom 28.01.2021

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